08.07.2024
Besondere Lieder in Werthers „Wahlheim“
„I Lagonai“ haben ein Konzert mit auf Goethes Werther bezogenen Liedern im Hof des Garbenheimer Heimatmuseums gegeben.
Wetzlar-Garbenheim. Drohendes Unwetter und das abendliche Spiel der deutschen Mannschaft bei der Fußballeuropameisterschaft führte Heike Grüner, Vorsitzende des Heimatvereins Garbenheim, als wahrscheinliche Gründe für den Umstand ins Feld, dass ein besonderes Konzert im Hof des Heimatmuseums nicht ganz den erwarteten und erhofften Zuschauerzuspruch verzeichnete. Die dennoch rund 50 Gäste erlebten eine nicht alltägliche musikalische Darbietung, die es laut Grüner „so bald nicht wieder in Garbenheim zu hören und zu sehen“ sein werde. Anlass für dieses besondere Konzert des Solistenchores „I Lagonai“ war Goethes Brief-Roman „Die Leiden des jungen Werthers“, der bei der Leipziger Buchmesse im Herbst 1774 als Buch erschien.
Werther ist Goethe, Goethe ist Werther, hoffnungslos verliebt in die blutjunge Charlotte, die der Dichter in seiner Zeit als „Lehrling“ am Reichskammergericht Wetzlar kennengelernt hatte. Heike Grüner verband die Liedvorträge mit Erläuterungen der Seelenzustände des jungen Werther zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt, seine innere Zerrissenheit angesichts der ihm bewussten Vergeblichkeit seines Mühens um und des Überschwangs der Gefühle für die junge Dame – bis hin zu Werthers/Goethes brieflichen Ankündigung zum Ende der unglücklichen Beziehung: „Es ist beschlossen, Lotte, ich will sterben.“
Dieses Themas nahmen sich die „I Lagonai“-Solisten Nicole Tamburro (Gießen), Käthe Wilhelmi (Laubach), beide Sopran, die Altistin Michaela Wehrum (Leihgestern) der Tenor Michael Brauer (Marburg) und der Bariton Erwin Grüner (Garbenheim) in eindrucksvoller Weise an. Dass der Veranstaltungsort, der Hof des Heimatmuseums, nahe der Garbenheimer Kirche mit dem Goethe-Denkmal, also in Werthers „Wahlheim“ liegt, verlieh dem speziellen Konzert zusätzliche Authentizität. Die Musikantenriege komplettierte der Pianist Johannes Becker (Kleinlinden), der im zweiten Teil die Moderation der nun eher ins Heitere tendierenden Lieder aus der Feder von Johannes Brahms und Franz Schubert zu den Texten Goethes übernahm.
Alle Sänger stammen aus der Region an der Lahn
„I Lagonai“, die Lahner, weil alle Protagonisten in der Region an der Lahn beheimatet sind, treffen sich unregelmäßig und auch in durchaus größeren Zeitabständen zu besonderen Projekten. Und sie haben es sich wahrlich nicht einfach gemacht angesichts der ausgewählten Werther-bezogenen teils fünfstimmigen Literatur im ersten Konzertteil: Claudio Monteverdis „Lasciatemi morire“ (Lasst mich sterben), Jules Massenets „Va! laisse couler mes larmes“ (oh, lass meine Tränen fließen), vorgetragen als Alt-Solo, und „Pourquoi me reveiler“ (Warum weckst du mich), interpretiert als Tenor-Solo, Johann Friedrich Reinhardts vertontem Goethe-Text „An Lottchen“ als Sopran-Solo und Arnold Mendelsohns drei fünfstimmige Madrigale nach Worten des jungen Werthers.
Im zweiten Konzertteil erfreute sich das Publikum an sechs Liedern – allesamt mit Klavierbegleitung auf hohem Niveau – von Johannes Brahms sowie fünf aus der Feder von Franz Schubert.
Den Konzert-Abschluss markierte die Brahms-Vertonung des Schiller-Textes „Ihr Musen genug“ aus dessen „Musen-Almanach für das Jahr 1797“.